5 Nike
Die auf dem Bootshaus bei der „Ufschütti“ stehende riesige Plastik Nike 89 ist, obwohl nicht auf den ersten Blick ersichtlich, von internationaler Bedeutung.
Als am 21. August 1968 sowjetische Truppen Prag besetzten, nutzten vor allem Facharbeiter und Intellektuelle die wenigen Tage, welche noch blieben, bevor die Grenzen geschlossen wurden, um zu fliehen. Einige Schriftsteller gelangten nach Luzern, wo ihnen Liz und Jürgen Braunschweiger, die Leiter eines renommierten Buchverlages, anboten, ihre Schriften zu drucken und zu verbreiten. Damals wurde die Stadt Luzern „Hafen der tschechischen Literatur“ genannt. In dieser Zeit entstand auch der Freundeskreis Prag-Luzern. So kam auch der Künstler dieser Plastik, Pavel Krbàlek nach seiner Flucht nach Luzern.1 Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kehrten viele Schriftsteller wieder zurück, der Freundeskreis jedoch blieb bestehen.1999, zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, bat der Freundeskreis Pavel Krbàlek zwei Kopien seiner Plastik Nike 89, die er 1991 für einen Bildhauerwettbewerb in Japan angefertigt hatte und heute immer noch in Japan (Hakone) steht, herzustellen.
Am 26. Juni 2002 wurde die Plastik Nike 89 auf der Bootshalle bei der Ufschötti in Anwesenheit von schweizerischen sowie tschechischen Politikern eingeweiht, nachdem sie mit dem Helikopter vom See her eingeflogen wurde. Die zweite Plastik wurde am 18. Juli 2003 im Chotek-Garten in Prag aufgerichtet.
Die Werke sollen die Freundschaft zwischen Prag und Luzern besiegeln. Aus der Inschrift der Plastik in Luzern, ist zu entnehmen, dass sie den Luzernern und der Schweiz für ihre Hilfe in Zeiten der Unfreiheit gewidmet ist und drückt damit den Dank an Luzern aus. Der Name der Plastik hat eine symbolische Bedeutung. So steht Nike für die griechische Siegesgöttin und 89 soll auf das Jahr 1989 hinweisen. Sie symbolisiert „das Wunder der gewaltfreien Revolution von 1989 in Osteuropa“. 2 So formuliert Pavel Kohout, der tschechisch-österreichische Schriftsteller und Politiker3 folgende Worte: „ Die mächtigen Flügel der Nike stellen die Kraft der Freundschaft dar, die uns in den schlimmen Zeiten zusammenschweisst und immer beisammen halten wird.“2
Die Evaluation des Standortes war nicht ganz einfach. Es war nicht von Anfang an klar, wo die Figur aufgestellt werden sollte. Unter andern standen auch der Kreisel bei der Brüelstrasse, das Schulhaus Würzenbach und die Kantonsschule Luzern zur Diskussion. Alle, bis auf das Bootshaus, wurden abgelehnt. Doch auch dem jetzigen Standort stand man kritisch gegenüber, da man ihn zum Teil mit Drogenkonsum in Verbindung brachte.4 Trotzdem fand das Werk Nike 89 schliesslich auf dem Bootshaus seinen definitiven Platz.
Pavel Krbàlek wurde im Jahr 1928 in Südmähren (Tschechien5) geboren. Er wuchs teilweise in Wien bei seiner Tante auf. Die künstlerische Umgebung der Familie prägte ihn stark. So träumte er schon als kleiner Junge über seine künstlerische Zukunft. Sein Vater war ein Kunstschmied, so sollte auch der junge Pavel in der siebten Generation die Kunstschmiede im südmährischen Örtchen Miroslav übernehmen. Dort erlernte er dieses Handwerk. Nach dem Abschluss der Kunsthandwerkerschule in Brünn, ging er jedoch nach Prag, um dort anfangs der 50er Jahre Bildhauerei mit dem Schwerpunkt Metall zu studieren. Die größte Erfahrung war für ihn jedoch ein Studienaufenthalt an der Hochschule für Gestaltung in Berlin. Zwischen 1956 und 1958 lernte er dort die modernen künstlerischen Trends kennen.6 Während des Prager Frühlings flüchtete er in die Schweiz, wo ihm vorübergehend eine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbehochschule Luzern und ein bescheidenes Atelier angeboten wurden.1 Die schweizerische Atmosphäre hat ihn in seinem Schaffen stark beeinflusst. Obwohl Krbàlek seit der politischen Wende in Prag lebt, hat er sein Atelier in Luzern nicht völlig aufgelöst.6.